Sonntag, 22. Mai 2011

Patrimonio Cultural

Es ist nun schon eine Weile her, um genau zu sein, schon mehr als eine Woche, das ich nach La Paz gegangen bin. Nun, ich erwähnte schon das letzte Mal, dass meine Schule nun Kulturerbe Boliviens ist. Meine Schule ist ja eine Musikschule. Doch am Morgen finden die ganz normalen Fächer wie Mathematik, Geschichet, Filosophie, Soziologie, Sprachen usw. statt. Am Nachmittag sind die Kustfächer. Also alle Instrumentalstunden, sowie Orchester und Ensembleunterricht. Dann aber auch Theater und Tanzen. Wegen einem neuen Gesetz wollte der Staat jedoch die Nachmittagslehrer nicht mehr bezahlen. Also, der Nachmittagsunterricht würde dann nicht mehr zum Schulprogramm gehören und wäre nicht mehr obligatorisch. Die Eltern müssten alles bezahlen. Bis jetzt sind die Musik- Theater- und Tanzstunden gratis. Nur Austauschschüler bekommen keinen Instrumentalunterricht! Nun sind wir aber Kulturerbe und zwar "unantastbar". So bleibt der Nachmittagsunterricht weiterhin gratis. (oder irgendwie so ist das. Wenn ich das richtig verstanden habe). Für die Lehrer ist es immernoch eine riesige Sache. Wir haben den Titel doch schon seit anfang des Monats! Nun, vorletzten Donnerstag verkündete Evo Morales, der bolivianische Präsident, dem Volk unseren Titel (sorry, der Satz stimmt vom Deutsch nicht so ganz... Aber inhaltlich ist er glaubs verständlich.. Deusche Sprach, schwere Sprach...) Deswegen musste der ganze Jugendchor, der Kinderchor und das Sinfonieorchester nach La Paz um den Akt musikalisch zu umrahmen. Insgesamt waren wir 190 Schüler! Am Dienstag wurde es uns in der Chorprobe gesagt. So dass wir anstatt bis um halb 3 bis halb 7 Chorprobe hatten! Wir übten die Schul- und die Bolivienhymne. Das war wahrscheinlich das erste Mal, dass ich mich genervt habe, nicht im Sopran zu stehen. Die singen immer schön die Melodie und haben es 1000 Mal einfacher. Nach 5 Stunden singen tönte es nicht mehr schlecht. Ich muss vielleicht noch sagen, dass hier alle die 3 Hymnen, Schul-, Cochabamba- und Bolivienhymne, auswendig können. Ich finde das schon toll, ich kann gerade mal die erste Strophe von der Schweizerhymne. Am Mittwoch ging es dann genau so weiter mit dem Proben. Zum Schluss wurde noch mit dem Orchester geprobt. Es tönte echt nicht schlecht. Die Schulhymne ist 7 stimmig. Also 4 Stimmen vom Jugendchor und 3 vom Kinderchor. Die Bolivienhymne hat nur 4 Stimmen. Aber die musste echt perfekter als perfekt sein, denn alle kennen sie und wir als Musikschule müssen die können. Am Donnerstagmorgen war um 5 Uhr in der Früh Besammlung. Die Lehrer kamen dann mal so nach 30 bis 60 Minuten. Wir mussten auf dem Pausenhof in Klassen aufstehen. Nach Reihenfolge der Liste. Ich bin in der Abschlussklasse und habe den "letzten Nachname"... Nun warteten wir nochmals 30 min und dann kamen auch schon die Busse, die eigentlich auf 5.30 Uhr bestellt waren. Wir hatten 4 Busse für uns. Die Instrumente mussten ja auch noch verstaut werden. Die Busfahrt verlief gut bis zur Pause nach 4 Stunden.

Irgendwo auf der Fahrt

Danach war ich im letzten Bus und etwa 40 km vor La Paz gab es Stau. Die anderen 3 Busse waren schon weiter. Nur wir mussten warten. Irgendwelche Lastwagenfahren haben ihre Lastwagen mitten auf die Strasse gestellt um die Strasse zu blockieren. Den Grund weiss ich nicht. Jedenfalls warteten wir mal so etwa eine Stunde irgendwo im Nirgendwo. Rundherum einfach nur Altiplano, so Gestrüpp und Erde. Ganz wohl war mir nicht. Irgendwann merken wir jedoch, dass sie die Blockierung nicht so schnell auflösen und kehrten um und suchten einen anderen Weg. Den fanden wir auch. Doch das war ein Feldweg, aus Sand und völlig holperig.

Der Feldweg

Schon nach kurzer Zeit standen wir jedoch auch auf diesem Weg, auch wegen Blockierung. Also warteten wir nochmals etwa eine halbe Stunde. Irgendwann konnten wir diese Blockierung passieren, doch schon 2 Kurven weiter wartete die nächste auf uns. Hiess also, nochmals warten.

Stau

Doch sie löste sich bald. Leider hatte der Bus vor uns ein technisches Problem uns stand mitten auf dem Weg. Also nochmals warten. Später kam der Bus weg und auch wir, und schon das nächste Problem, Es hatte eine Vertiefung im Boden. Nach langem Hin und Her und 500 Mal Räder durchspuhlen, durften wir aussteigen und den Berg hochlaufen, den der Bus wäre mit uns drinn nicht raufgekommen. Zum Glück durften die Instrumente drin bleiben.

Cholitas- typische bolivianische Frauen

Und endlich oben angekommen, konnten wir einsteigen und der Bus fuhr bis zum Busbahnhof in La Paz. Die Fahrt dauerte über 9 Stunden anstatt etwas mehr als 6 Stunden. Beim Einfahren von La Paz, sagte uns eine Lehrerin, dass wir nun bald ankommen und wir sollten unsere Sachen zusammensuchen uns uns bürsten! So bürstete sich der ganze Bus. Es war ein Bild für sich! Beim Busbahnhof wurden wir von Bussen vom Militär, also vom Staat, abgeholt. Der Bus ächzte recht die Strassen nach oben, La Paz ist ja enorm steil. Aber wir kamen heil im Regierungsgebäude an. Leider blieb nicht mehr viel Zeit, wir zogen uns um und drängten alle auf WC (ok, ist jetzt nicht wirklich interessant...) und schon sangen wir ein. Im Hinterhof des Regierungsgebäude Boliviens! Da kommt man mal auf fast 4000 m. ü. M. an und soll auch noch gerade genug Luft haben um schön zu singen. Es gab auch der eine oder die andere, die fast umgekippt sind! Wir haben nun Winter und in La Paz spürte man den doch noch schön. Als wir fertig waren mit einsingen, eine Sopran hat das Einsingen geleitet, deswegen hat es uns nicht so viel gebracht, aber es war zu kalt um zu reklamieren, gingen wir in einen Raum um uns aufzuwärmen. Unser Tenue war schwarze Hose, schwarze Schuhe und das Schult- shirt mit einem weissen Langarmshirt darunter (wegen der Kälte).

Beim Aufwärmen und Warten

So standen wir kurz vor 7 Uhr vor dem Regierungsgebäude, also das andere war auch so ein Gebäude der Regierung, aber dort waren alle Büros, nun gingen wir in das, wo der Evo arbeitet und ich glaube auch teilweise wohnt oder so...) Dort durften wir wieder Klassenweise hinstehen, in Reihenfolge des Nachnamens, das heisst, ich war die Letzte! Den es wurde Liste geführt, wer eintretet und man musste durch so einen Detektor (oder wie das heisst) wie es am Flughafen auch gibt. Hahaha, alle mussten auf mich warten! ;) Drinnen übten wir nochmals rasch. Um Punkt 7 Uhr standen wir alle schön auf unseren Postitionen. Doch der Señor Presidente liess auf sich warten. Ganze 40 Minuten. Als er die Treppe hinunter geschritten kam mussten wir alle wie wild klatschen und danach wurde die Nationalhymne gesungen. Das "Publikum" legte dabei die eine Hand aufs Herz, der andere Arm wurde ausgestreckt. Was wir nicht wussten, die Hymnen mussten wir auswendig singen... So bewegte ich manchmal nur meine Mundmuskeln (Lippenmuskeln???). Danach redete eine Schülerin, sie erzählte, wie unsere Schule funktioniert und dass es einfach die Beste ist! Stimmt auch, es ist einfach die Beste der Welt. Das Orchester spielte einige Stücke, der Kinderchor sang, eher schlecht als recht, aber es sind ja Kinder.

 Das Orchester im Regierungsgebäude

Und es redeten Leute vom Staat und der Schuldirektor. Evo Morales musste das Dokument unterschreiben und hielt es mit einem Lächeln hoch (das Dokument). Zwei  "Butler" mit weissen Handschuhen trugen extra einen Tisch vor ihn hin. Und nun haben wir den Titel ganz offiziel. Evo redete dann auch noch und zum Schluss wurde die Schulhymne gesungen. Es waren enorm viele Fernseh- Leute da. Wir sind halt schon eine ganz tolle Aktion. Nach der Schulhymne verschwand Evo leider so schnell. Ich hätte ja gerne noch ein Foto von ihm gemacht. Wir durften die ganzen 2 Stunden stehen, das war noch ganz schön anstrengend. Danach gab uns der Staat Fast Food Poulet. Die trieften nur so vor Fett. Und schon ging es zurück zum Busbahnhof und um Punkt 12 Uhr Mitternacht fuhren die Busse los. Die Rückreise verlief ruhig. Im (auf dem???) Altiplano sieht man schön die Sterne und den Mond, der ist hier um 90° gedreht. Er sieht so aus, als ob ihm unten ein Stück auf die Erde gefallen wäre, oder oben etwas in den Himmel geflogen ist. In Cochabamba hat es zu viele Lichter, da sieht man nie einen Sternenhimmel. Nach 6 Stunden staufreier Fahrt kamen wir zur Einfahrt Cochabamba. Doch der Bus kann nicht so einfach in die Stadt rein, da die Kurven zu eng sind oder die Strassen zu wenig hoch (Also, die Strassenschilder oder Stromkable hängen zu tief). So drehten wir eine riesen Runde und kamen dann nahe an die Schule, doch um ganz zur Schule zu kommen, mussten wir nochmals eine Runde durchs Zentrum machen. Aber eben, die Kabel hängen sehr tief, wir haben prompt 3 Mal welche runtergerissen, also die Kabel durchgetrennt. Schliesslich kamen wir nach 1 weiteren Stunde durch die Stadt kurven vor der Schule an! Um 7 Uhr morgens. Ich ging nach Hause und schlief mal schön eine Runde! ;)

Bis zum nöchschte Mol
euri Caro

Dienstag, 3. Mai 2011

Alltag

Hoi Zämme

In letzter Zeit habe ich oftmals geschrieben, dass alles hier für mich Alltag geworden ist. Aber ich erzähle euch gerne mal, wie genau der Alltag hier aussieht.
Also, um halb 8 Uhr fängt die Schule an. Doch da ich nicht ganz im Zentrum wohne, habe ich eine halbe Stunde Weg. Und nochbevor ich aus dem Haus gehe, trinke ich meine Fruchtsaft, der mir meine Mutter jeden Tag macht (ist jetzt nicht so wichtig, aber ich werde diesen Saft in der Schweiz sicher vergessen...). Also, ich muss ein sogenanntes Trufi nehmen. Ich denke ihr wisst langsam was das ist. Das ist so ein VW Bus (nee, ist von der Marke Nissan). Falls ihrs wissen wollt, von meinem Haus zum Trufi sinds etwa 200 m zu laufen. Man stellt sich eben an die Strasse und wenn die Nummer kommt, die ich bruache (also Trufi ist so was wie ein Bus) strecke ich die Hand raus und wenn es nochnicht voll ist, steig ich ein. Normalerweise warte ich so 4 bis 5 Trufis ab, weil alle voll sind. Es stehen auch immer viele Leute mit mir an der Strasse. Nach 10 minütiger Fahrt sag ich den Chauffeur, dass ich aussteigen will und er hält an. Es gibt keine Haltestellen. Ich bezahlen meine 1 Boliviano ( 12 Rp.) und kann noch etwa 10 min zur Schule laufen. Meine Schule eine Glocke als Klingel. Also eine, die von Hand geklingelt werden muss. Die Schule ist von einer Mauer eingezäunt und an der Tür steht ein Typ, der jeden Schüler begrüsst. Manchmal steht auch seine Frau dort, aber die ist immer nur so: " beeilt euch, gleich klingelts!". Wir haben bis 8. 10 eine halbe Lektion. Montag und Dienstag fängt die Schule erst um 8. 10 an. Dann kommt die zweite Lektion bis halb 9 und dann in der Pause kommt das Beste! Das DESAYUNO GRATIS! (gratis Zmorge). Da wir ja eine öffentliche Schule sind, bekommen wir unser Schul- Frühstück. Das ist jeden Tag Kekse, Waffeln, Pudding oder Muffin und Milch oder Saft. Milch oder Saft ist in Beutel... So was gibts wahrscheinlich nur in Bolivien... Wies in der Schweiz die Milchgutere gibt, gibts hier solche Beutel in klein, aber mit allenmöglichen Getränken. Früher wurde das Desayuno escolar auf dem Pausenhof verteilt. Aber da Schüler zweimal gingen, wird es nun in die Klassenzimmer gebracht. Falls ichs nochnicht erwähnt hab, ich hab natürlich auch ne Schuluniform. Aber die ist nicht so strickt. Es ist ein T- Shirt mit dem Schullogo und einem roten und schwarzen Streifen drauf. Und dazu kann man anziehen was man will. Nur die Hosen sollten über die Knie gehen. Ist bei der Kälte auch kein Problem mehr. Und man kann sich noch 3 T- Shirts drüber anziehen und es sagt auch niemand was. Aber es gibt da schon Schulen die das ganz genau nehmen. Nach der Frühstückspause gibts nochmals ne Lektion und ne Pause und dann nach der 3 resp. 4 Lektion um 12. 35 Uhr können wir nach Hause gehen. Doch zweimal die Woche habe ich Chor und zwei mal folklorische Instrumente Unterricht so dass ich nur am Donnerstag nach Hause gehe. Doch meine Mutter besteht darauf, dass ich zu Hause esse, deswegen verhungere ich manchmal fast. Aber ich lebe noch! ;) Danach gehe ich endlich nach Hause. Meistens laufe ich, dauert etwa 40 min, da die Trufis so voll sind und wenn ich nicht nach Hause laufe, habe ich gar keine Bewegung. Ich esse dann so um etwa halb 4 Uhr Zmittag. Und danach hab ich kurz Zeit um was für mich zu machen. Montag, Dienstag und Donnerstag muss ich um 5 Uhr schon wieder in die Schule, da ich noch Orchesterprobe hab. Danach geh ich in Mikro nach Hause. Das ist etwa das gleiche wie Trufi, nur einfach grösser. Also die Grösse eines normalen Busses. Sie sind enorm unbequem. Sogar ich mit kurzen Beinen hab zu wenig Platz. Wenn ich am Abend nach Hause komme, trinke ich Tee. Früher, als ich neu in der Familie war, war das ein Familienanlass. Nun bin ich meist die einzige die trinkt und meine Mutter setzt sich zu mir. Ohne was zu essen am Abend halt ich s nicht aus.
Als wie mehr verlangen die Lehrer, dass ich in der Schule mitmache. Ich mache ja meistens auch gerne mit, aber manche Hausaufgaben brauchen einfach zu langen und die Lehrer verstehns nicht, dass Spanisch nicht meine Muttersprache ist. In Quechua, das ist eine indigene Sprache, habe ich die volle Punktzahl! In Physik komme ich überhaupt nicht draus und der Lehrer ist so versessen darauf, das ich den Test schreibe. Aber ich tscheggs einfach nicht und bin zu faul um richtig zu lernen. Da ich eben noch drei bolivianische Instrumente lerne und auch Klarinette im Orchester spiele, bleibt gar nicht viel Zeit um zu lernen und ich bevorzuge zu üben als zu lernen! ;)
Zur Pünktlichkeit kann ich noch sagen, dass die Latinos es ja nicht so ganz damit haben. Aber die Schule ist doch noch so einigermassen pünktlich. Es sei denn der Türstehentyp vergisst mal wieder zu klingeln. Es gibt Lehrer, die stört es nicht, wenn man viel zu spät reinkommt, bei anderen Lehrer muss man vor der Tür warten. Was aber für die wenigsten eine Strafe ist, da sie eh nie den verpassten Unterricht nachholen. In jeder Stunde wird die Klassenliste runtergelesen und wenn man zu oft gefehlt hat, werden die Eltern benachrichtigt. Man muss aber echt viel fehlen, bis es die Eltern erfahren. Die Stunden sind sehr locker. Es wird selten viel gearbeitet. Meistens kommt auch der Lehrer zu spät. Wir haben kein richtiges Schulhaus, vielmehr ist es ein Areal wo es Reihenhäuschen hat und in jedem "Häuschen" ist eine Klasse untergebracht. Samstagmorgen um 8 Uhr hab (hätte) ich Turnen, doch es ist mir echt zu früh, und anscheinend geht fast niemand meiner Klasse. Ich kann es nicht genau sagen, denn ich war noch nie. Habe besseres zu tun am Samstagmorgen! ;)
Ja, das wäre so ein Alltag mehr oder weniger. Es ist noch sehr gechillt. Und vorallem durch die Uniform und das Desayuno gratis gewinne ich viel Zeit! ;) Ich hoff ich komm dann nicht immer zu spät in der Schweiz!
Daneben gibt es immerwieder schulfreie Tage oder wir haben Excursion oder gehen protestieren. Es ist nicht langweilig.

Macheds guäd